Tag 1: Solothurn - Oberhörstetten

Es dauerte einiges länger als erwartet bis ich die nötigen Vorbereitungen getroffen hatte. Alle Taschen mussten montiert und das Gepäck einigermassen über die 5 Taschen verteilt werden. Um die Mittagszeit ging's zum Proviant einkaufen und dann mit dem Zug von Solothurn nach Zürich Oerlikon, um dort die letzten Ausrüstungsgegenstände zu besorgen. In der Schlange an der Kasse des Outdoorladens findet man ins Gespräch und erzählt vom geplanten Vorhaben. Der eine oder andere Tipp wird auf diesem Wege ausgetauscht. Dem interessierten Pärchen präsentiere ich stolz meinen bepackten Drahtesel, bevor ich meinen Weg aus der Stadt suchte. Nachmittags um 3 Uhr fuhr ich dann endlich los. Doch die ersten Kilometer waren genau so harzig, wie die letzten Vorbereitungen. Nach Anfangsschwierigkeiten, insbesondere liess ich mich durch das frisch erworbene GPS Gerät ablenken, andererseits waren öfters auch die direktesten Wege blockiert.

Das Gepäck durfte ich einige Male umpacken, da die Gewichtsverteilung ungenügend war. Als es dann endlich zu laufen begann, war die erste Pause nötig um mich zu stärken. In Oberwinterthur auf dem Platz vor dem Technorama kamen Schulreiseerinnerungen hoch mit Brötchen und Minipic.

Nach der Pause ging es ganz flott vorwärts über Wiesen und Felder. Durch Frauenfeld durch, zog es mich weiter in Richtung Osten. Es wurde wieder hügeliger, die Beine waren schon müde und die Sonne war bereits untergegangen. Beim letzten Tageslicht suchte ich nach einem geeigneten Platz um mein Nachtlager aufzuschlagen. Abseits eines Dorfes am Waldrand wurde ich fündig. Das altbekannte Gigathlonzelt war schnell aufgestellt. Die Taschenlampe hing immernoch vom letzten Openairfestival in der First des Zeltes. Der "Kofmehl"-Aufkleber am Zelteingang liess mich schmunzeln ob der vielen Erinnerungen, während ich eine Steinpilzsuppe auf meinem Benzinkocher zubereitete. Müde und zufrieden bin ich eingeschlafen.

Tag 2: Oberhörstetten - Stiefenhofen

Mit nur einem Brötchen als Frühstück ging es früh am Morgen weiter. Gut erholt, rollte ich runter an den Bodensee. Entlang des Ufers bis nach Konstanz. Überrascht vom Charme der Stadt zog es mich durch die Gassen der Altstadt. Der Duft von frischen Backwaren lag in der Luft. So konnte ich nicht widerstehen und besorgte mir Proviant für die Überfahrt mit der Fähre nach Meersburg. In Meersburg angekommen machten die Wolken der Sonne platz. Diese trieb mich an entlang des Nordufers durch schöne Ortschaften unter anderem durch die Zeppelinstadt Friedrichshafen. Das schöne Wetter zog so viele Radfahrer an den Bodensee, dass sich öfters mal Staus bildeten. Die erste Pause gönnte ich mir in Lindau, die Wärme und das herrliche Wetter liessen mir keine Wahl, ein Eis musste her. Auch Lindau, das ich bisher nur an nassen grauen Tagen aus dem Zugfenster sah, überraschte mit vielerlei schönen Ecken und Bauten. Nach einem kurzen Bummel durch das Städtchen, gings weiter auf dem Königsee-Bodensee-Radweg. Die Radwege wurden wieder merklich coupierter. Die Kilos in den Radtaschen machten sich in meinen müden Oberschenkeln bemerkbar und jeder noch so kleine Anstieg fühlte sich wie die Alp d'Huez an. Es ging immer wieder rauf und runter durch das Oberallgäu. Die Hügel bremsten mich mehr ein als erwartet und so suchte ich schon in Stiefenhofen nach dem nächsten Plätzchen für mein Zelt. Zum Glück war mein Abendmahl schon etwas warm als mein Kocher den Geist aufgab. Trotz der Erschöpfung oder gerade wegen der Erschöpfung hatte ich grosse Mühe Schlaf zu finden.

Tag 3: Stiefenhofen - Halblech

Die Sonne schien schon früh aufs Zelt und trieb mich raus. Fast alles war schon wieder gesattelt, als ein wortkarger Bauer auftauchte. Meinen Guten Morgen Gruss wurde nicht erwidert. Ein paar Bemerkungen wie: "So lässt es sich günstig reisen." oder "Ordnung haben Sie." kamen über seine Lippen, bevor er so schnell verschwand wie er auftauchte. Eine witzige Begegnung, er sagte nichts negatives, doch wirkliche Konversation war es auch nicht. Nachdem alles wieder verstaut war, machte ich mich auf den Weg nach Immenstadt. Die Beine waren schwer und mussten zuerst locker gefahren werden. Die Hügel waren da eher kontraproduktiv, doch die malerischen Gegenden und Traumwetter linderten die Strapazen. Im grossen Alpsee spiegelten sich die Berge.

In einem beschaulichen Dorf nach Immenstadt traf ich ein Paar, welches mit leichtem Gepäck in dieselbe Richtung unterwegs war. Sie meinten, dass ein Bekannter empfohlen hätte an dieser Stelle eine kürzere Strecke etwas südlich zu nehmen. Es war die Rede von 20 km, die man spart. Doch meine Karte zeigte mir den Haken an der Sache, Teilstücke mit über 15 Steigungsprozente. Das war zu viel für mich, so entschied ich mich für die längere Variante. Allgemein gab es an vielen Stellen Alternativrouten, zwischendurch liessen diese mich zweifeln, ob ich auf dem richtigen Weg war. Die Anstiege hatte auch ihre schönen Seiten, danach folgten meistens rasante Abfahrten. Ich war schon einige Stunden im Sattel, als ich bemerkte das etwas nicht stimmt. Ich fühlte mich kraftlos und etwas schwindlig. Auf der Suche nach einem Rastplatz verriet ein kurzer Blick auf die Karte, dass da ein schönes Plätzchen kommen soll. Hopfen am See hört sich doch toll an, oder etwa nicht. Ich setzte mich in ein nettes Restaurant mit Ausblick über den See und gönnte mir einen Allgäuer Hirtenteller mit Kässpätzle, panierten Schnitzel und Röstzwiebeln. Dazu eine Spezi und noch ein Russen. Nach einigen Minuten realisierte ich, dass die Schwindelgefühle und fehlende Kraft wohl von einem Sonnenstich gepaart mit einem Hungerrast kamen. So wartete ich eine weitere Stunde zu bis die Sonne nicht mehr so hoch stand. Es war nicht mehr weit bis Hochschwangau. Unterwegs auf der “romantischen Strasse” erhaschte ich durch die Bäume immer wieder einen kurzen Blick auf das Schloss Neuschwanstein. Ein majestätischen Anblick. Die Abendsonne zauberte wieder. Bei der Fahrt durch eine Allee kam ich mir vor wie in einem Film von Rosamunde Pilcher. Ein Wahnsinnspanorama mit den Königsschlossern und den Bergen.

Ein wahrlich würdiger Abschluss für den Tag. Ich begann mich für gute Plätze abseits der Straßen umzusehen, um mein Zelt aufzustellen. Da kam ein netter Herr mittleren Alters von hinten auf seinem E-Bike angedüst. Wohin ich wolle und ob ich schon eine Bleibe für die Nacht hätte, fragte er mich. Nach einer kurzen Plauderei war ausgemacht, dass ich in einer Hütte neben seinem Stall übernachten darf. “Er würde kurz seine Tiere eintun, um sie vor den Füchsen zu schützen.”, meinte Erich. Ein paar Gänse und Esel würden für die Nacht meine Nachbarn sein. Ich war echt fertig und froh nicht das Zelt aufbauen zu müssen. Da die Nacht zuvor nicht viel hergab, verzichtete ich darauf einen Wecker zu stellen. In der Hütte richtete ich mein Bett genauso her wie im Zelt. Dabei überzeugte mich die Luftmatratze von Anfang an. Insbesondere der Pumpsack erleichterte mir das Leben. Mit fünf oder sechs Stössen war die Matratze jeweils voll, so blieb mir der Schnauf fürs Radfahren.
Meine kalte Dusche wirkte Wunder und so fand ich einen tiefen und gesunden Schlaf.

Tag 4: Halblech - Waakirchen

In der Nacht begann es zu regnen. Da war ich doppelt froh über die Hütte, denn ein nasses Zelt einpacken macht kein Spass. Das Erwachen war etwas später als gedacht, erst um 9.00 Uhr kam ich aus den Federn. Vor der Tür fand ich zwei geschmierte Brote, eine Tüte voll gepackt mit feinstem dunklen Brot und geräucherten Wurstwaren. Unglaublich! Daneben zwei Post-it mit einer Grussbotschaft von Erich. Am Tag zuvor erzählte er mir, er sei in seinen jungen Jahren, als Globetrotter, auch froh über jede Gabe gewesen. Genussvoll verschlang ich die geschmierten Brote. Zähne geputzt und kurz alles verstaut, bevor es durch den Regen weiter in Richtung München ging. Ich fühlte mich ganz gut und der Regen störte mich gar nicht. Zuerst ging es weiter durch einige Dörfer, dann eher wieder durch bewaldete Gegenden. Und wie schon ganz zu Beginn in Zürich versperrte mir ein Bach den Weg. An dieser Stelle begegnete mir ein Paar aus Oberösterreich, welches unterwegs war nach Paris. Nach dem kurzen obligaten und freundlichen Gespräch, folgte die erste Wasserdurchquerung mit meinem Papalagi. Zugegeben, diesmal war es eher ein seichtes Bächlein. So ein Spass, das weckt das Kind im Manne.

Die Strecke ging heute mehrheitlich durch bewaldete Gegenden. Um die Mittagszeit traf ich auf Vicky und Jens, die gerade Rast machten. Ich schloss mich Ihnen an und nach einer kurzen Brotzeit gingen wir weiter. Sie waren in die gleiche Richtung unterwegs und so fuhren wir immer mal wieder ein Stück gemeinsam. Aufgrund meiner schweren Ladung konnte ich Berg an nicht ganz mithalten und zwischendurch habe ich mich auch noch kurz verfahren. Die Landschaft war eindrücklich, doch so ganz wie am Vortag konnte ich dies aufgrund des Dauerregens nicht geniessen. Dementsprechend blieb auch der Fotoapparat etwas mehr in der Lenkertasche. In Eschenloe legte ich eine längere Rast im Gasthof ein. Kurz nach mir traf Ingo ein, ich lud in an meinen Tisch ein. Schnell war das Thema gefunden. Wir plauderten übers Wetter, Material und natürlich hing ich an seinen Lippen als er von seinen Erfahrungen auf dem Rad erzählte. Zur Zeit gönnte er sich zu seinem Geburtstag eine kleine Radreise von Garmisch in die Toskana. Die warme Stube, eine Bouillon, eine Spezi und ein Kaffe wärmten uns und gaben die Kraft für die Weiterfahrt. Leider ging es für uns in die entgegengesetzte Richtung.

Es regnete immer weiter. Meine Regenausrüstung hatte sich bereits mehr als bewährt, zumindest jene welche ich besass. Denn meine Handschuhe und Schuhe waren nicht wasserdicht und Gamaschen fehlten gänzlich. Die Regenhose und -jacke hielten dicht, selbst nach mehr als 10 Stunden im Sattel. Das letzte Stück vor Bad Tölz fuhr ich mit jemandem, dessen pannengeplagten Kumpel ich einige Stunden vorher antraf. An diesem verregneten Tag begegneten mir noch so einige Radfahrer, leider konnte ich mir nicht alle Namen merken. Ich war schon etwas gezeichnet von den Kilometern im Regen und suchte in Bad Tölz nach einer Bleibe, deshalb verabschiedeten wir uns. Nach einer kleinen Runde durch die schöne Stadt entschloss ich mich dann doch weiterzufahren. Denn auf der grossen Tour kann ich bei Regen auch nicht jedes mal ein Hostel aufsuchen. Auf der Suche nach einem geeigneten Zeltplatz fuhr ich immer weiter. Die verdeckte Sonne war schon länger untergegangen und ich war immer noch auf der Suche.

So gab ich mich letztlich mit einem eher ungeeigneten Ort zufrieden. Nur wenig entfernt einer Hauptstrasse am Waldrand. Das Gigathlonzelt wehrte sich einige Zeit bis es dann in diesem miesen Wetter stand. Nur noch schnell in den warmen Schlafsack dachte ich. Die Nacht war kurz, kalt und unbequem, denn es goss weiter wie aus Kübeln und das Zelt war nicht im Stande dem Wasser Einhalt zu gebieten.



Morgen folgt der Bericht zum letzten Tag meiner Probetour und alles zu den Erfahrungen mit meinem Material.

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